Der Start oder besser gesagt der Startzeitpunkt ist beim fliegen generell sehr entscheidend für: Ankommen oder nicht, Obenbleiben oder nicht, erster sein oder eben nicht erster sein. Eine Methode den richtigen Startzeitpunkt zu definieren ist das Beobachten der am Startplatz durchgehenden Ablösungen. Man sieht immer wieder Piloten die auffallend häufig auf die Uhr schauen. Diese Kollegen messen die Dauer und die zeitlichen Abstände der Ablösungen. Umso kräftiger und länger diese Böen von Vorne kommen und umso kürzer die Abstände von Böe zu Böe sind, desto günstiger ist es zu starten. Es gibt Fliegerkollegen, die haben diese Art der Startzeitbestimmung so dermassen gut drauf, da kann man nur noch Staunen.
Ich persönlich bevorzuge die Methode des Beobachtens der anderen
Gleitschirm- Drachenflieger, welche sich schon in der Luft vergnügen.
Wenn man mal die einzelnen Pulks von Fliegern über einen Zeitraum
von 1 Stunde beobachtet, kann man ganz deutlich erkennen, das die höchsten
Piloten mal höher und mal niedriger vor dem Startplatz rumkurbeln.
Das liegt daran, dass die thermische Aktivität mal stärker ist
und mal schwächer ist. Das ganze Szenario mit "alle alle Gleitschimflieger
fliegen hoooooch" unterliegt einem bestimmten Rhythmus. Man muss nur die
oberen Piloten beobachten. Dabei muss man den Schnitt der oberen Flieger
auswerten. Es gibt immer ein oder zwei Ausreisser die immer noch Steigen
haben, während das Gro der anderen Piloten schon wieder absinkt. Man
kann sich das ganze vielleicht besser vor Augen führen, wenn man sich
den Herrgott oben im Himmel als grossen alten Herren vorstellt der ganz
arg mächtig einatmet und somit alle alle Flieger mit nach oben "saugt"
um dann wieder aus atmet und dabei alle alle Flieger wieder nach unten
gehen. Die Phasen unseres "Herrgöttle" atmet ein, also sprich "Steigen"
sind so ca. 10-20 Minuten lang. Ebenso sind diese Absaufphasen ca. 10-20
Minuten lang. Man muss diese Phasen genau beobachten, wenn man erkennen
kann, dass alle Kollegen gerade beim Absinken sind, dann braucht man wohl
nicht zu Starten. Ausser man will möglichst schnell nach unten kommen.
Wenn man erkennen kann, das die Kollegen insgesamt wieder Anfangen
zu steigen, dann ist das der ideale Startzeitpunkt. Wenn alle anderen
Piloten schon sehr hoch sind, dann kann es sein, dass man schon in die
abschwächende Phase hineinstartet und man hat es dann etwas schwieriger
um zu seinen Kammeraden in der Höhe aufzuschliessen.
Ich möcht noch etwas auf das sehr wichtige Thema "des Windes am
Startplatz" eingehen. Wenn wir auf einen idealen Startwind
von vorne warten, sollten wir auch immer wieder ein Auge auf die Piloten
werfen, die schon in der Luft sind. Man kann wunderschön beobachten,
wie die Kollegen vor dem Startplatz oder etwas weiter draussen vor dem
Startplatz das schönste und tollste Steigen haben, während am
Startplatz Rückenwind herrscht. Das ist auch logisch. Wenn ein
Bart abgeht , dann benötigen diese aufsteigenden Luftmassen Nahrung.
Das Bedeutet, das dieser Bart vor uns die Umgebungsluft ansaugt. Damit
zieht er auch die Luftmassen von unserem Startplatz zu sich. Tja, und dass
ist ein bisschen blöd. Wir stehen am Startplatz und haben Rückenwind.
Bei Rückenwind können wir nur schlecht oder gar nicht starten.
Das kann einen zum Wahnsinn treiben. Wir stehen am Startplatz, haben Rückenwind,
könne nicht starten während die lieben Fliegerkammeraden direkt
vor unseren Augen Himmel hoch jauchzend in dem Megabart aufdrehen.
Andersherum kann es passieren, dass wir bei idealem Wind von vorne
herausstarten und dann keine Thermik mehr finden, die uns nach oben trägt.
Das ist auch logisch, hierbei steht der Thermikschlauch ganz einfach hinter
dem Startplatz und saugt auch hier wiederum die Umgebungsluft an. Nun,
wenn der Bart hinter uns steht, dann ist das auch ein kleinwenig dämlich,
da wir ja gleich nach dem Start hoch fliegen und hinter oder über
den Startplatz gleiten sollten um dort in den Thermikschlauch einzusteigen.
Und das ist etwas...........nun ja,.......schwierig wenn's vor dem Startplatz
nicht trägt.
In den Wettkämpfen ist oftmals die Auswahl des richtigen Startplatzes entscheidend. Immer häufiger werden Startverfahren gewählt, die den Vorteil des richtigen Startzeitpunktes ausschliessen. Dazu gehören das Air-startet-Race und das Ground-startet-Race. Beim Air-startet-Race darf der Teilnehmer in einem vorgegebenen Zeitfenster starten. Z.B. Window open 13°°Uhr - 14°° Uhr. Die Teilnehmer begeben sich hierbei baldmöglichst in die Luft um sich eine möglichst hohe Position nahe der Startlinie zu erfliegen. Ab einer vorher bekanntgegebenen Zeit wird nun die Startlinie am Boden ausgelegt. Diese Linie muss nun jeder Pilot aus dem Fotosektor fotografieren. Ab jetzt zählt die Zeit für alle Piloten gleichzeitig. Hierbei ist es sehr schwierig, sich eine möglichst günstige Ausgangsposition zu erfliegen da es auch hier ein ständiges auf und ab gibt. Wenn man ausgerechnet, zu der Zeit in der die Startlinie ausgelegt wird, unten herum krebst, dann hat man von vornherein kaum eine Chance an der Spitze mitfliegen zu dürfen. Die Zeit und Höhe, die man am Start verspielt hat, kann man nie mehr einholen.
Beim Ground-startet-Race ist die richtige Auswahl des Startplatzes sehr wichtig. Bei einem Ground-startet-Race legen alle Piloten gleichzeitig irgendwo am Startplatz aus. Zu einer vorher bekannt gegebenen Zeit ruft dann ein Mensch:" The window is open!" Ab jetzt läuft die Zeit für alle Teilnehmer. Jeder Pilot darf nun nach eigenen ermessen Starten. Wenn man einen Fehlstart hat oder man steht hinter einem Startunwilligen, dann hat man jetzt kaum eine Chance und ist nur noch mit "Zeit aufholen" beschäftigt.
Armin Appel