Im Geradeausflug Höhe machen.

Heute möchte ich mal auf das Thema eingehen, wie man im Geradeausflug Höhe machen kann. Dem einen oder anderen ist sicherlich nicht bewusst, dass es manchmal absolut unsinnig ist, wie ein "grosser" zu kurbeln und dann beim Gleiten ständig im Gas zu stehen.

Wenn man beim Fliegen etwas Zeit hat und nicht genötigt ist wie ein Gestörter durch die Gegend zu brennen, dann ist es manchmal sinnvoll, in gewissen Situationen die Höhe einfach im Geradeausflug mitzunehmen. Dabei müssen wir nicht unbedingt im Bereich des geringsten Sinkens fliegen sondern es ist eher wichtig, möglichst lange in der Thermik zu verweilen. Also fliegen wir möglichst langsam. Allerdings sollte die Geschwindigkeit so gewählt sein, das der Schirm nicht gleich stallt, wenn sich uns ein "Bart" oder eine "Turbulenz" in den Weg stellt. Gehen wir mal davon aus, dass wir eine Strecke von 200 Metern in einem Luftmassensteigen von 3m/s zurücklegen. Wenn wir im Bereich des geringsten Sinken fliegen wird unsere Geschwindigkeit ca. 33 km/h  bei 1,2 m/s Gerätesinken betragen. Für die Strecke von 200 Metern benötigen wir dann 21,8 Sekunden. Dabei lesen wir ein Steigen von 1,8 m/s auf unserem Vario ab. Wenn wir unsere Messstrecke von 200 Metern durchflogen haben, werden wir einen Höhengewinn von 39 Metern haben.
Nun bremsen wir unseren Schirm auf 24 km/h herunter. Da das nicht mehr der Bereich des geringsten Sinkens ist, beträgt unser Gerätesinken nun 1,4 m/s. Für unsere Messstrecke von 200 Metern benötigen wir 30 Sekunden und unser Vario zeigt uns ein Steigen von nur 1,6 m/s an. Wir steigen also spürbar langsamer. Allerdings haben wir nach den 200 Metern in 30 Sekunden satte 48 Höhe gewonnen!!!! Also ist es durchaus sinnvoll langsamer als die Geschwindigkeit des geringsten Sinkens zu fliegen und die Höhe einfach durch längeres Verweilen in der Thermik mitzunehmen. Im Wettkampf setzt man diesen Flugstiel nur ein, wenn man "auf Sicherheit fliegt". Man versucht auf alle Fälle nicht abzusaufen. Das alles ist übrigens ein Teil der Sollfahrttheorie!!


 
 
 

Es gibt aber noch mal eine Situation, in der es besser ist nicht zu kurbeln, sondern eher einen riesen grossen Kreis oder eine viereckige oder dreieckige Route  in der Luft zu beschreiben. Wenn man grossflächiges Steigen mit einzeln eingelagerten Kernen hat, dann ist es nicht immer sinnvoll, solch einen einzelnen Kern zu zentrieren. Wenn man eine Kurve macht, dann hat jedes Fluggerät ein erhöhtes Kurvensinken. Dieses Kurvensinken ist normalerweise relativ hoch. Das kann jeder selber ausprobieren indem er einfach beim nächsten Abgleiten ganz normale Kreise macht und dabei immer wieder mal aufs Vario schaut. Während ein Gleitschirm im Geradeausflug ca. 1,2m/s-1,4m/s Sinken hat, dürfte das Kurvensinken bei ca. 1,8m/s-2m/s liegen. Wenn nun diese eingelagerten Kerne relativ dicht beieinander liegen ist es auf aller Fälle besser nur durch diese Kerne hindurch zu fliegen und eine maximal 180° Kurve zu machen. Ich habe mir erlaubt das ganze in einer Skizze darzustellen, ich hoffe es ist nicht zu kompliziert gestaltet.

Also, in dieser Skizze fliegt ein oranger Gleitschirmflieger und ein grüner Gleitschirmflieger. Der grüne Gleitschirmflieger versucht den heissen Kern zu zentrieren und legt sich mächtige ins Zeug. Dabei hat er natürlich ein erhöhtes Kurvensinken. Wir gehen mal einfach von 1,8 m/s aus. Da das Luftmassensteigen im Kern 3m/s beträgt steigt unser grüner Pilot mit 1,2m/s.
Unser oranger Pilot denkt sich "what shell's?", fliegt ein nettes Dreieck und achtet drauf, dass er fast kein Kurvensinken hat. Diesen Gleitschirmflieger rechnen wir mit 1,2m/s Gerätesinken.  So, nun fliegt unser Pilot im Bereich des geringsten Sinkens mit 33 km/h, das sind 9,166 m/s Vorwärtsbewegung. Er legt 125 Meter mit 0,8m/s zurück und 115 Meter mit 1,8m/s Steigen zurück. Für eine Runde benötigt er bei 33 km/h 26 Sekunden. Er macht dabei 33,4 Meter Höhe. Unser grüner Sportsfreund macht in 26 Sekunden nur 31,2 Meter Höhe! Das ist sicherlich nicht viel Unterschied aber ich muss eingestehen, dass ich jahrelang der grüne Sportsmann war und ich mich immer gefragt habe wieso die anderen genauso schnell steigen, obwohl ich zentriere wie ein Weltmeister.

Happy Armin Appel.13.01.2000