Tourenbericht Chamonix 11.09. - 19.09.1999Note: Dieser Bericht ist nur
eine Kopie von Rainers Original: Teilnehmer: Ulrich Prinz, Andreas Reiß, Vivien
(Fiffi) Lucan (sprich "Luzan"), 11.09. Klettergarten bei Lechaux Nach einer Anfahrt mit viel Verkehr kommen wir zu
viert im reichlich vollen Auto in Mont Saxonnex bei Sophie an. 12.09. Klettergarten Chapeau bei Argentiere Gegen 10 Uhr fahren wir zum Einkaufen in das auf US-und Japs-Touristen getrimmte Chamonix. Es ist dort alles etwa doppelt so teuer wie anderswo, wobei "anderswo" durchaus nur 10 km weg zu sein braucht. Der Ort läßt sich seinen Namen richtig gut bezahlen. Bahninfos: www.aiguilledumidi.com FHüttentelefon
Gegen 13 Uhr fahren wir
dann bis kurz vor Argentiere, von wo aus man ein Stück weit zum "Chapeau"
abbiegt. Die restliche Strecke ist 260 Höhenmeter, laut Klefü 15 Minuten
..., nicht gerade vertrauenssteigernd. Bei der Abfahrt zerreißt Uli noch schnell den Handbremszug so wie unsereins einen Zwirnsfaden, bei seinen Armen allerdings kein Wunder. 13.09. Rebuffat Um 5 Uhr 30 stehen wir auf, um 7 geht's zur Seilbahn-Talstation. Sophie und Vivien haben bedenklich dünne Schlafsäcke dabei. Beim Abstieg von der Bergstation zum Col du Midi hole ich mir einen Hexenschuß, der fast das Klettern vereitelt. Nach dem Aufbau des Lagers am Col du Midi ging es gegen 13 Uhr 30 doch an die einfachste Route auf der Südwand, dem Rebuffat-Riß (VI+) (Die mir entfallene offizielle Bezeichnug der Tour ist anders, allerdings ist der Weg auch vor Ort nur als "fissure Rebuffat" bekannt). Ulli steigt alles vor, mit Einfachstrick, denn er ist Doppelseilhasser. Der Einstieg ist nicht einfach zu finden. Ulli versteigt sich mächtig in eine VIII (?) und hat einige Schwierigkeiten, den richtigen Weg zu finden. Ich baue mitten in einem Riß mit einem Friend, einem 3er-Hex und einer Knotenschlinge einen Standplatz, von dem aus der richtige Weg genommen wurde. Als Nachsteiger möchte ich aber an den Navigationskünsten anderer nicht allzuviel herummäkeln. Die Einstiege sind allgemein sehr schlecht
zu erreichen. Der KleFü vom Vogler (1990) geht an vielen Stellen von 20
Meter Schnee mehr aus. Die Abseilerei wird durch das Einfachseil nicht gerade erleichtert. Wäre es nicht 60 Meter lang, wir hätten große Probleme bekommen. Mit 9 mal 30 Meter kommt man runter, in einem Fall reichz aber gerade eben so. Abends erfuhren wir dann, daß die kosmische Hütte weder voll noch überteuert ist. ÜF kostet 155 FF und für die 75 Mark, die die Übernachtung gerüchteweise allein kostet, bekommt man dort Halbpension. Ich esse einen leckeren Hasenbraten. 14.09. Ulli am Mt Blanc, Sophie in der Gletscherspalte Um 2 Uhr bricht Ulli allein zum Dach der Alpen auf. (Ich möchte an dieser Stelle keine Wiederholung der Diskussion, ob der Elbrus in Asien oder Europa liegt.) Den Versuch, Ulli von irgendwas abzuhalten, haben wir schon längst aufgegeben. Seine an dieser Stelle relativ niedrig geschätzte Überlebenswahrscheinlichkeit bereitet mir eine "unruhige" Nacht. Abgesehen davon ist ein Hexenschuß auch nicht das richtige für eine 9-mm-Evazote-Matte. Die verbliebenen vier Leute (incl. meiner
Wenigkeit) kommen am nächsten Morgen nicht richtig in die Gänge. Andreas
klettert mit Fiffi irgend einen Fünfer an der schattigen Ostseite der Ägij
dü Midi. Die zwei frieren sich dabei den A... fast und die Finger komplett
ab. Wir haben wegen erfolgversprechenden Wetterberichts beschlossen, noch einen Tag zu bleiben. Ich latsche mit Sophie noch zwei Stunden über den Gletscher, um einmal eine andere Aussicht zu haben (Wenn ich die Dru schon nie besteigen kann, dann wollte ich sie wenigstens mal sehen) und die Einstiege der Kletterrouten an der Pyramide du Tacul zu besichtigen. Die Kletterwege sind nur schwierig zu erreichen, der Bergschrund ist 10 Meter breit und ??? tief. Die Schneebrücken, die darüber führen, sind zum Belasten zu filigran. Hier brauchen wir also nicht mehr herzukommen. Am Rückweg zum Lager passiert es dann. Ich war den
matschigen Gletscher leid und lief im Schatten, abseits der ausgetretenen
Spur. Sophie lief woanders als ich und fiel in eine verdeckte Spalte. Weil
die Allerwerteste auch noch gut Schlappseil ließ, bekam ich etwa eine
Sekunde nach ihrem Schrei einen derartigen Zug am Seil, daß es mich 4-6
Meter über das Eis zerrte, bis ich den Pickel ins Eis rammen konnte. Als
nächstes band ich mich aus, das Seil war bereits am Pickel befestigt. Ich
habe mir bei der Aktion das Sprunggelenk so beschädigt, daß ich kaum mehr
laufen konnte. Von jetzt an gibz keine Fotos mehr, weil bei der Aktion die Kamera vernichtet wurde. 15.09. Talfahrt / Opas Hütte Im Gegensatz zur Vorhersage war das Wetter recht mies. Total verschwitzt krochen wir aus unseren Tüten bei 5 Meter Sicht und leichtem Schneefall. Jede Bewegung schmerzte, weil ich mit meinem Fuß an irgendwas stieß. So gegen 9 Uhr frühstückten wir (außer Ulli) und gegen 10 Uhr ginx zur Bergstation. Mit meinem schwer lädierten Fuß waren wir eine Ewigkeit, etwa eine Stunde unterwegs. Anschließend waren wir bei Gluthitze und viel zu warm
angezogen im Krankenhaus in Bonneville, wo man mich durchleuchtete, aber
nur sehr flüchtig untersuchte, eine Schiene verschrieb, 800 mg PCM und
noch irgend eine andere Kapsel einwarf und wieder entließ. Trotzdem fuhren wir zu Opas Hütte, wo wir die restliche Zeit viertelesschlotzenderweise abhingen. Vivien blieb nüchtern (ich natürlich auch, schon allein wegen der PCM, mit Alk sind die u.U. lebensgefährlich) und fuhr uns dann wieder sicher nach Hause. Ich wollte mit dem aus dem seltsamen Medikamenten-Cocktail herrührenden "Nebel" vor den Augen auch nicht fahren. Zumal es draußen auch neblig und die Straße rutschig war. 16.09. Wandern zum Lac Benit / Klettern bei Mont Saxonnex (Malcaire) Morgens wurde erstmal der Rausch ausgeschlafen. Anschließend packte es sogar Sophie aus den Federn. Eine Regenpause gegen 14 Uhr (eigentlich auch bei schönem Wetter Sophies beste Zeit zum Start in den Tag) wurde für einen Spaziergang zum Lac Benoit genutzt. Die einmalige Aussicht auf die Bargy-Kette konnten wir nicht genießen, dafür das Echo im Nebel. Abends wurde es nochmal "schön". Wir gingen zum Klettergarten "Malcaire", wo Ulli zur bisherigen Höchstform (6c) auflief. Der Klettergarten hat durchaus schöne, aber auch bei 6a schon fingermordende Routen. Außerdem sollte man mindestens 1,85 m groß sein, sonst erreicht man die (allerdings unauffällig) geschlagenen Griffe / gebohrten Fingerlöcher nicht und mit Einhängen wird es auch schwierig. 17.09. Seilriß / leckeres Essen Morgens wurde wieder herumgetrielt, bis sich auch
Sophie aus den Federn schälte. Gegen 12 ging es dann los Richtung einer
Felswand, deren Einstiege nur von oben durch Abseilen erreicht werden
kann. Wir verfehlten die richtige Abseilroute und seilten uns über eine 7b
(frz.) ab, die aber nur eine Länge lang war. Darunter 20 Meter
Schotterbänder und dann ein 150 Meter hoher, ca 30 Meter ausladender
gelber Überhang. Den Neuner konnte niemand vorsteigen. Deshalb stieg Ulli
einen sagenhaft brüchigen, vollkommen uneingerichteten Riss (ca. V) zum
Standplatz zurück. Ein paar mehr Schlingen hätte er aber schon legen
können auf den 35 Metern. Der restliche Tag wurde in einem Klettergarten in der
Nähe auf Kalkplatten verbracht, gegen die auch ein Babypopo nur als
Schleifmittel bezeichnet werden kann. Danach ging es zu diversen Freunden und dann (24 Uhr) noch in eine Kneipe in der Gehörschutz nötig war. Ulli fuhr mich vor dem Auftreten schwerer Gehörschäden heim. Nur eine knappe Stunde später kamen die anderen auch. 18.09. Klettern bei Mont Saxonnex (Malcaire) / Aufstieg zur Hütte / leckeres Essen Morgens um 8 bei ekligem Wetter machte sich Ulli auf nach Malcaire, um da das zu ziehen, was er sich beim letzten Mal vorgenommen hat. Nach diversen 6 b und 6 c ging es gegen 12 Uhr bei besserem Wetter wieder zurück nach "Hause", weil wir eigentlich alle noch zum Markt nach Sallanches wollten. Aber obwohl Sophie zur Zeit der Rückkehr schon wach und angezogen war und sogar schon ihre Morgentoilette hinter sich gebracht hatte (immerhin für sie nicht schlecht), brachte sie ihre drei Buchstaben (mehr sind es nicht in Frankreich) nicht hoch - es wurde Tee geschlürft und über total belangloses Zeug geratscht bis etwa zwei. Dann kam eine lange Autofahrt zu einem 1600 Meter hohen Paß, was zwar nicht den Marktbesuch ersetzte, aber wenigstens den Kauf von leckerem Schinken, würzigem Käse und harter Salami (im Kräutermantel) mit sogar recht hohem Fleischgehalt ermöglichte. Nach einem kleinen Spaziergang durch eine wunderschöne Landschaft (ich könnte da ein Leben lang rumlaufen) fuhren wir wieder nach Hause, packten alles und fuhren zur Refuge Cénis, (eine Stunde ab Parkplatz) wo es ein - selbst im Vergleich zum Vorabend - noch leckereres Essen für 23 Mark gab (wieder lecker nur mit Ausnahmen der widerlichen Püreebällchen). 19.09. Heimfahrt Nach der Nacht, in der ich kein Auge zugemacht habe wegen der 45 cm hohen durchgelegenen Betten, in denen Bodenkontakt kein Problem war, wanderten wir eine Stunde zurück zum Auto. Erst jetzt ließ sich die Schönheit des Hochplateaus überblicken. Danach hieß es Abschied nehmen von einer der schönsten Landschaften, um mit Einberechnung dann doch nicht vorhandener Staus zu vernünftiger Zeit zu Hause zu sein. |